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Feste feiern mit den Nachbarn – Germanen und Kelten

Archäologen, Historiker und Sprachwissenschaftler sind sich darin einig, dass man die Kelten und Germanen nicht in einen Topf werfen kann. Über das Ausmaß der Unterschiede gehen die Meinungen allerdings auseinander. Für Griechen und Römer waren sie zunächst einmal allesamt Barbaren. Erst später wurden sie als unterschiedliche Volksgruppen wahrgenommen.

Keltische und germanische Stämme

Häufig liest man, dass die Kelten etwa um 800 v. Chr. „aus dem Dunkel der Geschichte“ traten. Die Wissenschaft geht heute davon aus, dass die Kelten in mehreren Wanderungen aus Asien nach Mitteleuropa gelangten, sich nach Westen zur iberischen Halbinsel, nach Norden zu den britischen Inseln und nach Osten zum Balkan hin ausbreiteten. Die Germanen traten etwas später aus dem geschichtlichen Dunkel. Ursprünglich besiedelten sie das nördliche Mitteleuropa und Teile Skandinaviens.

Beide Völker oder Volksgruppen hinterließen keine schriftlichen Zeugnisse. Neben archäologischen Funden und sprachwissenschaftlichen Analysen basiert das Wissen über unsere Vorfahren in erster Linie auf Berichten der Griechen und Römer, also der Gegner und Eroberer, die von Vornherein alle Nicht-Griechen und Nicht-Römer abwerteten.

Mittlerweile ist klar, dass weder Kelten noch Germanen ein einheitliches Volk bildeten. Mehrere Stämme mit eigenen Oberhäuptern oder Fürsten waren durch Sprache, Lebensweise und Kultur allenfalls lose miteinander verbunden. So etwas wie eine keltische oder germanische Identität gab es nicht. Die Menschen fühlten sich der Familie, der Verwandtschaftsgruppe, dem Dorf und dem Stamm zugehörig und zwar in dieser Reihenfolge. Insbesondere römische Schreiber berichten von heftigen Kämpfen, wobei Kelten und Germanen untereinander wohl ebenso viele Streitigkeiten mit Fäusten und Waffen austrugen wie gegeneinander. Einig waren sich Griechen und Römer darin, dass die beiden barbarischen Volksgruppen unterschiedlichen Göttern huldigten.

Dass wir einiges über Religionen, Weltbilder und Mythologien unserer Vorfahren wissen, verdanken wir mittelalterlichen Schriften. Die Edda und die Islandsagas, Sammlungen von germanischen Götter- und Heldensagen wurden im 13. Jahrhundert verfasst. Ähnlich bedeutend für unser Wissen über die Kelten ist das Mabinogion. Auch hierbei handelt es sich um eine Sammlung unterschiedlicher Manuskripte, die zum Teil geschichtliche Ereignisse wiedergeben. Es finden sich aber auch Texte, die wohl auf mündlicher Überlieferung basieren und von der Kultur und Religion der Kelten berichten.

Anders als bei Edda und Islandsagas sind Ursprung und Datierung des Mabinogion allerdings immer noch Gegenstand intensiver Forschung. Es ist wohl davon auszugehen, dass die Texte über einen längeren Zeitraum ab dem frühen Mittelalter gesammelt beziehungsweise auf der Basis älterer Texte verfasst wurden. Eine wichtige Rolle dürfte in diesem Zusammenhang die Tatsache spielen, dass die ersten christlichen Priester in Irland, Wales, Cornwall, Bretagne und Normandie, also den früheren Hochburgen des Keltentums, aus den Kreisen der Druiden, der spirituellen Elite und Ratgeber der Fürsten, stammten.

Feste und Bräuche

Die Kelten orientierten sich an den Mondphasen, folgten also einem Mondkalender. Das Jahr begann für sie am ersten November, dem Beginn des Winters. Am Vorabend feierten sie Samhain, um die Wintergeister zu beschwichtigen und den Geistern der Verstorbenen den Weg in die Anderswelt zu weisen. Am ersten Februar veranstalteten sie das Frühlingsfest Imbolc zu Ehren der Muttergöttin Brigit. Mit Fackeln zogen die Menschen über die Felder, um sie auf diese Weise zu reinigen und den Boden fruchtbar zu machen. Beltane am ersten Mai markierte den Beginn des Sommers. Holzstapel wurden entzündet und das Vieh hindurchgetrieben, um es so vor Krankheiten zu schützen. Häuser, Ställe und Bäume wurden mit frischem Grün geschmückt. Das große Erntefest Lughnasad am ersten August war dem Lichtgott Lugh geweiht.

Die Germanen hingegen orientierten sich am Sonnenjahr und einem Sonnenkalender. Sie feierten die Frühlingstagundnachtgleiche am 21. März, Mittsommer am 21. Juni, die Herbsttagundnachtgleiche am 23. September und Mittwinter oder Jul am 21. Dezember. Da diese Feste bei beiden Völkern aus den gleichen Anlässen gefeiert wurden, ähnelten sich auch die Bräuche.

Dies deutet auf eine ganz grundlegende Gemeinsamkeit zwischen Kelten und Germanen hin. Obwohl sie sich an unterschiedlichen Kalendern orientierten, waren beide Volksgruppen in erster Linie Bauern. Ihre Lebensweisen ähnelten sich. Die Gefahren, denen sie sich gegenübersahen – Unwetter, schlechte Ernten, Viehseuchen – waren die gleichen.

In Grenzregionen und Mischgebieten wurden Bräuche der Nachbarn häufig übernommen und die Sprache gelernt. Mitunter feierten germanische Stämme auch die Feste ihrer keltischen Nachbarn und umgekehrt. Territoriale und kulturelle Grenzen verwischten. Mittlerweile gilt es als wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis, dass es in Gegenden, wo Stämme beider Volksgruppen nahe beieinander lebten, zu kulturellen Vermischungen kam, was sich später auch auf andere Gebiete auswirkte.

Verwendete Literatur: Günther, Sybille (2011): Wilde Stämme. Ökotopia-Verlag / Nachschlagewerke