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Die Seele und ihr Zuhause

Einige Gedanken zur Seele

Für manche ist sie der innerste Kern eines Wesens, zum Teil gleichbedeutend mit dem Geist im Gegensatz zum Körper. Für andere ist sie ein Synonym für das Unterbewusstsein oder das höhere Selbst.
Wie auch immer, die meisten von uns verstehen, was es heißt, die Seele baumeln zu lassen, etwas vom Grunde der Seele zu spüren oder zu wollen. Wir verständigen uns über alte und verwundete Seelen, fühlen uns angesprochen von den Konzepten der Seelenverwandtschaft und der Seelenfamilie.

Im christlichen Kontext ist sie – ganz allgemein – der unsterbliche Teil, der nach dem Tod zu Gott geht. (Vom Konzept der Hölle halte ich überhaupt nichts.) Für Homer, der um 750 v. Chr. geborene Dichter der Ilias und Odyssee, bildeten Leib und Seele im Leben eine ununterscheidbare Einheit. Er beschrieb die Seele als Lebensodem, der den Sterbenden durch den Mund oder eine Wunde verlässt, um danach als Schatten im Hades umherzuwandern.

Auch Pythagoras, der im 6. Jahrhundert v. Chr. lebende Mathematiker und Philosoph, äußerte sich zum Konzept der Seele. Für ihn war die Seele von den Göttern erschaffen und somit das eigentliche unsterbliche Wesen des Menschen, der Körper stellte nur eine vorübergehende Behausung dar. Die Abtrennung vom Körper im Tod bedeutet für die Seele eine Befreiung. Nach dem Tod, also nach der Befreiung, eventuell nach mehreren Wiedergeburten, kehrt sie zu ihrem göttlichen Ursprung zurück .

Zwei Dinge drängen sich auf bei der Beschäftigung mit der Seele. Zum einen stellt sich schnell die Frage danach, ob denn wirklich nur die Spezies des Homo sapiens über eine Seele verfügt. In vielen Kulturen, Philosophien und Religionen wird ausdrücklich nicht davon ausgegangen. Tatsächlich war und ist der Glaube an eine All-Besseltheit so alt wie die Menschheit. Für unsere keltischen und germanischen Vorfahren wie auch für die Indianer und Aboriginies, um nur einige wenige Beispiele zu nennen, existierte bzw. existiert keine Trennung zwischen sichtbarer physischer und geistiger Welt. In diesem Modell von der Welt besitzen alle Wesen, einschließlich der Pflanzen, mitunter auch Kristalle und Steine, eine Seele. Sogenannte heidnische Vorstellungen dieser Art wurden von Kirchenfürsten häufig in eine mit dem Christentum kompatible Form gebracht, um das Volk bei Stange zu halten wie beispielsweise die Feiertage Allerseelen und Allerheiligen.

Zum anderen ist ebenso auffällig wie faszinierend, dass so ziemlich jedes Konzept von Seele nicht ohne den Bezug zu etwas Größerem auskommt.

Das große Ganze

Der Gedanke einer Verbindung zwischen der Seele, dem unsterblichen Kern, und einem großen Ganzen ist ein Eckpfeiler, also eine grundlegende Annahme in vielen Religionen und Philosophien. Die Aussage ist so einfach wie bedeutend: Jede Seele ist mit etwas weit Größerem zutiefst verbunden und dorthin kehrt sie dereinst zurück. Wie können wir uns das vorstellen?

Nach meiner Auffassung bietet der Hinduismus ein Modell, das weiterhilft. Ausgegangen wird von einem göttlichen Funken in allen Wesen, dem Atman, das aus derselben Substanz besteht wie das Brahman, das allumfassende Bewusstsein oder auch die Weltenseele. Nach vielen Leben kehrt das Atman zurück in das Brahman, von dem es von der Substanz her nie getrennt war. Da haben wir es wieder! Wir alle sind aus Sternenstaub!

Da kommt mir noch so einiges in den Sinn. Odo, der Gestaltwandler in der Science-Fiction-Serie Deep Space Nine kehrte nach einem Leben in menschlicher Gestalt zurück in die Einheit seiner Spezies, in einen glitzernden See.

Im Avatar faszinierte mich besonders die Gemeinschaft und Kultur der Na‘vi, die auf dem fernen erdähnlichen Planeten Pandora in Einklang und ständiger Verbindung mit der Natur, dem Universum und ihren Ahnen leben. Die Na’vi sind eingebunden in ein hochkomplexes Beziehungsgeflecht, das sich in alle Richtungen und Dimensionen erstreckt. Die Seelen aller Wesen, der lebenden und der toten, sind dort hineingeflochten.

Am Ende ist das große Ganze das wahre Zuhause der Seelen.

Gottes Spiegel

Gott blickte in einen Spiegel, das Glas zerbrach. Jeder Splitter ist eine Seele, die danach strebt, dereinst in den Spiegel und vor Gottes Angesicht zurückzukehren.

(Erinnerung an eine Geschichte, Quelle unbekannt)