Buchempfehlung: „Die Unbändigen“ von Emilia Hart

Kate, 2019

Kate flieht aus London und lässt alles zurück – endlich hat sie die Kraft gefunden, den Mann zu verlassen, der ihr Leben kontrolliert. Sie findet Zuflucht im Weyward Cottage im Norden Englands, das sie von ihrer Großtante Violet geerbt hat. Dort stößt Kate aber auf verstörende Gerüchte und auf ein sorgsam gehütetes Geheimnis, das sie tief in die Geschichte ihrer Vorfahren führt, bis zurück in die Zeiten der Hexenjagd.

VIOLET, 1942

Violet liebt die Natur über alles. Sie sammelt weitaus lieber Insekten und klettert auf Bäume, als sich an die strengen Benimmregeln für junge Damen zu halten. Dann verändert die folgenschwere Begegnung mit einem Mann das Leben der jungen Frau für immer.

ALTHA, 1619

Altha ist der Hexerei angeklagt – sie soll einen Mann getötet haben. Bekannt für ihr abgeschiedenes Leben als unabhängige Frau und für ihre besondere Verbindung zu den Tieren ist sie eine Bedrohung, die beseitigt werden muss.

Drei Frauen kämpfen in drei verschiedenen Zeitaltern um ihre Unabhängigkeit – aber ihre Geschichten sind weitaus enger verwoben, als es anfangs scheint. Ein fesselnder Roman über die Macht weiblichen Widerstands und die verändernde Kraft der Natur. (Klappentext)

Meine Meinung

Drei Frauen in verschiedenen Zeiten stellen sich ihren Problemen, wachsen am Ende über sich hinaus, überschreiten von der Gesellschaft gezogene Grenzen. Jede Geschichte fand ich spannend. Außerdem gefiel mir, dass quasi nebenbei ein Einblick in die jeweilige Epoche gewährt wird.

Die verwandtschaftliche Beziehung der drei Protagonistinnen ist von Vornherein klar. Worin ihr besonderes gemeinsames Erbe besteht, erhellt sich dem Leser nach und nach. Und genau dieses Familienvermächtnis hat es in sich, auch erzähltechnisch und „Genre übergreifend“. Die besondere Verbindung der weiblichen Weywards zur Natur, insbesondere zu Vögeln und Insekten, ist einerseits nichts anderes als nützliches Wissen. Altha, für Violet und Kate die Urahnin, hat ihre Erkenntnisse über die Natur schriftlich festgehalten und in ihrer Hütte, dem Weyward-Cottage, versteckt. Genau diese Informationen versetzen Violet und Kate in die Lage, sich in ausweglos erscheinenden Situationen zu helfen und zu verteidigen.

Gleichzeitig ist in Althas Aufzeichnungen jedoch auch der Schlüssel zum Lüften eines Geheimnisses enthalten. Und genau dieses macht die Fantasy‑Komponente des Romans aus. Diese „Vermischung“ sprach mich sehr an. Violet wie auch Kate nehmen ihr Erbe an und leben die Möglichkeiten aus, die sich ihnen dadurch bieten.

Als genugtuend empfand ich das „Moment der ausgleichenden Gerechtigkeit“. Alle drei Frauen erfahren Unrecht und Leid, haben aber dann auch wieder Glück – natürlich wohlverdient. Altha wird nicht hingerichtet wegen eines Geschworenen, der etwas gut machen will. Violett kann mit Mitte dreißig Biologie studieren, weil ihr Bruder, den sie immer unterstützt hat, es ihr ermöglicht.

Im Verlauf der Lektüre des Buches wird schnell deutlich, welche Grundhaltung, welches Weltbild mitschwingt. Alles ist beseelt und alles ist mit allem verbunden auf mehreren Ebenen. Es gibt nicht nur vielfältige Vernetzungen und Verflechtungen in der Natur, auch menschliche Handlungen bilden solche Geflechte, sodass beispielsweise Wissen über Zeit und Raum hinweg im wahrsten Sinne des Wortes lebendig werden kann.

Die Dinge sprechen zu uns – aus der Ferne und aus der Nähe, aus Vergangenheit und Gegenwart. Wir müssen nur zuhören.

Die Schamanin in mir frohlockt.

Etwas antwortet ihr. Zuerst glaubt sie zu träumen oder wie ein verirrter Wanderer in der Wüste zu halluzinieren. Dann hört sie es wieder. Den Ruf eines Vogels Er ist echt. (Emilia Hart, S. 328)

„Zu guter Letzt lege ich dir die Verbindung zu den heiligen Elementen nahe. Luft, Feuer, Wasser, Erde – aus ihnen besteht die Welt. Alle vier sind von einem Bewusstsein beseelt … Diese vier Stützen sollen dich tragen …“ (Guai Yaga in „Seelenwege“ von Ina Ruschinski, S. 168)